Test Honda NSX: Fernöstliche Perfektion

Honda NSX. Foto: spothits/ampnet/Honda/Asensi Carricondo
Honda NSX. Foto: spothits/ampnet/Honda/Asensi Carricondo

Das Neuerschaffen einer Ikone gehört zu den schwierigsten Übungen für einen Automobilhersteller. Beim Honda NSX, der sein Konkurrenzumfeld seinem Debüt 1990 restlos deklassierte, liegt die Latte so hoch, dass Honda vor fünf Jahren ein fast fertiges Nachfolgemodell noch einmal vollständig verworfen hat. Der Mittelmotorsportwagen mit extrem starkem V10-Motor passte konzeptionell nicht mehr in die Zeit; er konnte die Innovationskraft der Marke nicht ausreichend unterstreichen.

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Die Ingenieure und Designer begannen noch einmal mit dem sprichwörtlichen weißen Blatt Papier. Basierend auf einem Entwurf aus Japan und maßgeblich entwickelt in den USA, wurde der NSX nunmehr als Hybrid-Sportwagen ausgelegt – wobei das Zurücklegen längerer Wegstrecken unter Strom ausdrücklich kein Entwicklungsziel war: Die dafür nötige Batteriekapazität hätte den NSX zu schwer gemacht.

Bei den drei eingebauten Elektromotoren – einer sitzt am Getriebe, zwei an der Vorderachse – geht es ausschließlich um die Fahrdynamik: Kinetische Energie wird rekuperiert, und das Ansprechverhalten beim Druck auf das Gaspedal ist derart spontan, dass man sich unwillkürlich an leistungsstarke Elektroautos erinnert fühlt.

Die E-Motoren überkompensieren die turbotypische Verzögerung beim Gasgeben, und wenn die zwei Mitsubishi-Turbolader vollen Ladedruck liefern, leistet der mittig angeordnete 3,5-Liter-V6 bis zu 507 PS. Das maximale Drehmoment wird mit 550 Newtonmetern (Nm) angegeben, ein Wert, der bei Praxisüberprüfungen noch übertroffen wurde. Honda-typisch handelt es sich um ein Hochdrehzahlkonzept; trotz Turboaufladung dreht der V6-Motor bis 7500 Umdrehungen pro Minute (U/min).

Um ein besonders kompaktes Package zu ermöglichen, hat Honda sich für den ungewöhnlichen Zylinderwinkel von 75 Grad entschieden. Das bedeutet leider auch, dass Akustik und Laufruhe in den komfortbetonten Fahrprogrammen und bei niedriger Last etwas zu wünschen übriglassen; wir hätten uns ein seidigeres Klangbild gewünscht.

Immerhin ist es auch möglich, ganz ohne Verbrenner zu fahren; für ein paar elektrische Kilometer reicht die Batteriekapazität. Derart kann man sich äußerst diskret fortbewegen, etwa um die gutnachbarschaftlichen Beziehungen am frühen Morgen nicht zu strapazieren. In den sportlichen Fahrprogrammen ist die Akustik überzeugender, aggressiv und emotional, wenngleich sich der NSX im Vergleich etwa zu AMG GT und Audi R8 erstaunlicher Zurückhaltung befleißigt.

Die Doppelkupplungs-Automatik des NSX verfügt über neun Gänge, die sich auch manuell über die lenkradfesten Schaltpaddel ansteuern lassen. Mit Ausnahme des ersten Gangs: Der dient lediglich dem Anfahren. Die naheliegende Frage, ob es wirklich so viele Gänge sein müssen, beantwortet sich am Steuer von selbst: Das Getriebe ist angenehm enggestuft, die Anschlüsse passen perfekt. Seine Höchstgeschwindigkeit von 307 km/h erreicht der NSX im achten Gang. Die arodynamisch ausgefeilte Karosserie sorgt dabei für Abtrieb auf beiden Achsen. Der neunte Gang senkt die Drehzahl deutlich ab, wenn tempolimitiertes Dahinrollen erforderlich ist.

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