Test Honda NSX: Fernöstliche Perfektion

Honda NSX. Foto: spothits/ampnet/Honda/Asensi Carricondo
Honda NSX. Foto: spothits/ampnet/Honda/Asensi Carricondo

Der Grad der Agilität lässt sich über vier vorgegebene Fahrmodi variieren: Der Modus Quiet (englisch für leise) erlaubt elektrisches Fahren und ist auf maximalen Komfort ausgelegt; im Sport-Modus, der bei jedem Neustart als Rückfallebene dient, reagiert der NSX deutlich spontaner, bleibt jedoch ausreichend komfortabel, um lange Strecken zum Genuss werden zu lassen.

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Sport Plus entfesselt weiteres Potential für engagierte Fahrer, und die Auspuffklappen sind hier fast permanent geöffnet. Noch mehr Fahrspaß bietet der Track-Modus, der für die Rennstrecke entwickelt ist, aber auch auf der Landstraße gut funktioniert und hier bereits nennenswerte Driftwinkel erlaubt. Die Stabilitätskontrolle lässt sich übrigens auch komplett abschalten – wie es sich für einen Supersportwagen gehört.

Auf kurvigen Landstraßen ist der NSX in seinem Element: In weniger als drei Sekunden wird die 100-km/h-Marke durchmessen, der Allradantrieb sorgt für überragende Traktion. Das Bremsgefühl ist für einen Hybriden ausgesprochen natürlich und unproblematisch, und die perfekt gewichtete und leichtgängige elektromechanische Servolenkung ist direkt ausgelegt und arbeitet äußerst präzise. Darüber hinaus können die vorderen E-Motoren die Vorderräder einzeln mit Drehmoment beaufschlagen, um den Wagen noch dynamischer einlenken zu lassen. Das Magnetic-Ride-Fahrwerk sorgt für perfekte Bodenhaftung, ohne sich durch ungebührliche Härte zu profilieren.

Dass der NSX durch die Elektrifizierung relativ schwer geraten ist, nämlich immerhin knapp 1,8 Tonnen, ist in der Praxis nicht spürbar: Durch seinen niedrigen Schwerpunkt, die perfekte Gewichtsverteilung von 42:58 und die Torque-Vectoring-Systeme fühlt er sich so leichtfüßig an wie kaum ein anderer Supersportwagen.

Zu diesem Eindruck tragen natürlich auch die kompakten Abmessungen sowie die hervorragende Rundumsicht bei, letzteres eine Eigenschaft, durch die sich früher viele Honda-Modelle auszeichneten. Die Armaturentafel baut niedrig, das Lenkrad ist oben abgeflacht, und die aus höchstfestem Stahl gefertigte A-Säule ist ungewöhnlich schmal ausgefallen.

Die Sitze passen wie angegossen und bieten sehr guten Seitenhalt, und die Armaturenfafel ist liebevoll verarbeitet, wenngleich einigermaßen zerklüftet. Warum der Drehknopf zur Auswahl der Fahrmodi viel größer ausgefallen ist als die Tasten zur Bedienung des Getriebes, bleibt das Geheimnis der Honda-Designer.

Die haben ansonsten hervorragende Arbeit geleistet: Die auf Fotos etwas generisch wirkende Karosserie entfaltet ihre Wirkung auf der Straße durch ihre extremen Proportionen. Der NSX ist gedrungen, zum Sprung bereit; die von uns gefahrene Variante in “source silver” wirkt wie in flüssiges Metall getaucht. Dazu erstrahlen die LED-Frontscheinwerfer in kalter Pracht.

Die Perfektion des neuen NSX erschließt sich erst so richtig im Konkurrenzumfeld: Der Audi R8 bleibt Konzept und Design des Vorgängers verhaftet, sein Schwestermodell Lamborghini Huracán wirkt unfertig und rauh; der Ferrari 488 Italia ist auf der Straße nervös, während Porsche sich an das Heckmotorkonzept klammert. Wer wiederum einen Hybriden fahren möchte, kann nur auf den BMW i8 ausweichen. Der sieht zwar noch extremer aus, kann dem Honda jedoch fahrdynamisch nicht das Wasser reichen.

Um einen neuen NSX sein eigen zu nennen, müssen mindestens 185 000 Euro den Besitzer wechseln. Das ist viel Geld, aber wohl nicht zuviel für einen Supersportwagen, der die Messlatte für das ganze Segment ein gutes Stück höherlegt.

sph/ampnet/Jens Meiners

Technische Daten Honda NSX

Länge x Breite x Höhe (m): 4,49 x 1,94 x 1,20
Radstand (m): 2,63
Motor: V6-Benziner, 3493 ccm, Biurbo, Saugrohr- und Direkteinspritzung
Systemleistung: 373 kW / 507 PS bei 6500-7500 U/min
max. Drehmoment: 550 Nm bei 2000-6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 307 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 2,9 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 10,0 Liter
CO2-Emissionen: 228 g/km (Euro 6)
Leergewicht: 1776 kg
Kofferraumvolumen: 110 Liter
Wendekreis: 12,1 m
Räder / Reifen: 8 J x 19 / 245/35 ZR 19 vorn, 11 J x 20 / 305/30 ZR 20 hinten
Preis: 185 000 Euro

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