spothits-Buchtipp: Rachel Joyce – Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

spothits-Buchtipp: Rachel Joyce – Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry. © spothits/fischer krüger verlag
spothits-Buchtipp: Rachel Joyce – Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry. © spothits/fischer krüger verlag

Alles beginnt mit einem Brief, den Harold Fry von einer ehemaligen Arbeitskollegin erhält. Hierin steht, dass sie an Krebs erkrankt sei und von ihm Abschied nehmen möchte. Harold schreibt einen kurzen Antwortbrief und macht sich damit sofort auf den Weg zum Briefkasten. Harold ist Rentner. Er hat sich in seinem Leben immer aus allem rausgehalten. Er hat einen Sohn, dem er kein Vater war und eine Frau Maureen, von der er sich schon lange entfernt hat. Und er hat ein Leben, in dem es außer Rasen mähen nichts zu tun gibt.

Wach rütteln und glauben

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Und dann steht er am Briefkasten, überlegt, wirft den Brief aber nicht ein. Stattdessen läuft er weiter zum nächsten und weiter zum nächsten. Bis es Mittag ist und er an eine Tankstelle kommt, in der er sich einen Burger bestellt und mit der Bedienung spricht. Das junge Mädchen rüttelt Harold wach, als sie erzählt, dass auch ihre Tante Krebs hätte und sagt: »Man muss glauben. Meine ich jedenfalls. Es geht gar nicht um Medizin und das ganze Zeug. Man muss daran glauben, dass ein Mensch wieder gesund werden kann. Unser Geist ist viel größer, als wir begreifen. Wenn wir fest an etwas glauben, können wir alles schaffen.«

Versprechen

Harold ruft in dem Hospiz, in dem seine ehemalige Arbeitskollegin liegt, an und lässt ihr ausrichten, sie solle auf ihn warten. Diese Nachricht ist für ihn ein Versprechen.

Schritt für Schritt

Harold läuft weiter und setzt einen Fuß vor den anderen. Auf seinem Weg an die schottische Grenze trifft er viele Menschen, wird zum Medienstar, hat plötzlich Fans und geht am Ende doch wieder allein seinen Weg. Immer wieder zweifelt er. Immer wieder ruft er sich sein Versprechen ins Gedächtnis. Und während Harold läuft, fängt er an zu begreifen, was in seinem Leben schief gelaufen ist.

Maureens Rolle

Neben Harold entwickelt Rachel Joyce dessen Frau Maureen zur zweiten Hauptfigur. Dabei wechselt die Autorin gekonnt zwischen den Perspektiven Harolds, seiner Frau und der umgebenden Landschaft.

Fazit

Was ist es, das die Geschichte so fesselnd macht? Ist es das nie ausgesprochene Geheimnis zwischen der Arbeitskollegin und Harold Fry? Ist es das liebevoll beobachtete und facettenreich gezeichnete Leben? Sind es all die Geschichten der Leute, die Harold auf seinem langen Weg von Südengland an die schottische Grenze kennenlernt?

Es ist der persönliche Ton, den die Autorin trifft. Dieses Vertraute, das nur Freunde haben, lässt einen nicht mehr los. So schreibt Joyce nicht, dass Harold an zwei Metzger-Geschäften vorübergeht. Stattdessen gibt es einen »bösen Metzger« der, wie Maureen sagt, seine Frau schlägt, und einen »guten Metzger«, der von seiner Frau verlassen wurde. Es sind diese unzähligen zwischenmenschlichen Beziehungen, die einen das Buch nicht mehr aus der Hand legen lassen. Es ist dieser liebevolle Blick auf das Menschliche im Leben.

Der Roman »Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry« von Rachel Joyce ist im Fischer Krüger Verlag für 18,99 Euro erschienen.

spothits/Wolfram Marx

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